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Positive Verhaltensänderungen und stressfreies Lernen

Um dem Pferd etwas beizubringen, ist es wichtig, dass wir Menschen uns im Klaren darüber sind, dass Pferde nicht wie Menschen denken und lernen können. Was für uns als absolut logisch und einfach zu verstehen gilt, kann das Pferd in eine sogenannte „Konfliktsituation“ bringen und es dadurch unter Druck setzen und im schlimmsten Fall Abwehrverhalten hervorrufen. Menschen und auch höher entwickelte Primatenarten wie beispielsweise Schimpansen haben die kognitive Fähigkeit des „Lernens durch Einsicht“, Pferde hingegen haben dies nur in Ausnahmefällen. Diese lernen über Gewohnheit, ihre Prägung und Konditionierung – klassisch und operant.

Gewöhnung: Für Pferde die wohl einfachste Form des Lernen. Hier wird nach und nach die Reizschwelle erhöht, bis die Reaktion des Pferdes abschwächt und es zu einer Gewöhnung mit dem bisher Unbekannten kommt. Das wäre zum Beispiel das Gewöhnen des Pferdes an Autos, hier kann es helfen, das Tier mit seinen bereits erfahreneren Artgenossen, welche keine Angst vor Autos haben, auf eine Koppel nahe einer viel befahrenen Straße stellt. Die Ruhe, welche die Herdenmitglieder ausstrahlen wirkt sich auf das Pferd beruhigend aus und es macht somit weder eine positive noch eine negative Erfahrung mit den Kraftfahrzeugen. Es tritt nach einiger Zeit Gewöhnung ein und es wird den vorbeifahrenden Autos kaum mehr Beachtung schenken.

Prägung: Die Sonderform des Lernens. Die Prägung findet meist in einem vorprogrammierten Zeitraum, der sogenannten „sensiblen Phase“, statt und führt in der Regel zu irreversiblen Verhaltensänderungen. Diese dauert meist von der Geburt und kann bis zu maximal zwei Tagen andauern. Es prägt sich auf das Muttertier (Objektprägung) und lernt somit die eigene Rasse kennen, ebenso die Futterprägung und die sexuelle Prägung beruhen auf dieser frühen Prägungsphase.

Operante Konditionierung: „Lernen durch Versuch und Irrtum“ oder auch „Lernen am Erfolg“. Hierbei spielt die positive Erfahrung eine große Rolle. Also kann hier das Lob und die Belohnung als Leitmotive gesehen werden. In der Ausbildung des Pferdes bedeutet dies, dass gewünschtes Verhalten positiv durch Lob verstärkt wird. Die positive Erfahrung, welche das Pferd dadurch macht erhöht bei ihm die Wahrscheinlichkeit, das Verhalten nochmals zu wiederholen. Das Pferd wird bestätigt in seinem Verhalten und geht motiviert an die Arbeit heran und je öfter das Pferd jetzt die positive Erfahrung macht, desto mehr erhöht sich auch die Denkfähigkeit und es ist interessiert daran neues zu erlernen.

Klassische Konditionierung: Viele Verhaltensweisen – erwünschte und auch unerwünschte – werden beim Pferd durch die klassische Konditionierung erlernt. Diese Art des Lernens läuft im Unterbewusstsein des Pferdes ab. Das heißt, die Reaktionen sind reflexähnlich und nicht willentlich beeinflussbar von ihm. Somit wird zum Beispiel durch Futter ein natürlicher Reiz mit einem künstlichen Reiz (Signalreiz) verbunden. Das Klappern der Futtereimer ist zunächst ein neutraler Reiz, hört es jedoch immer wieder diesen Reiz verknüpft es das Geräusch mit dem der darauffolgenden Fütterung und es kommt zum Eintreten von dem Appetitgefühl und Fressbedürfnis (Magensaft wird produziert), auf diesen Prozess des Lernens ist wiederum das unerwünschte Verhalten von Boxenhauen oder Scharren vor Beginn der Fütterung zurückzuführen.

Pferde unter drei Jahren lernen am besten, deshalb ist es auch falsch Pferde ohne jeglichen Menschenkontakt aufwachsen zu lassen. Denn soll das Pferd später als Reitpferd genutzt werden, bieten die ersten Jahre uns die Möglichkeit, das Pferd an alles Unbekannte zu gewöhnen und auf eine gewisse Art und Weise auch auf den Mensch als Sozialpartner zu prägen. Das soll aber nicht heißen, dass man mit dem Fohlen stundenlang trainiert, vielmehr sollen kurze Einheiten von 10 bis 20 Minuten 1 bis 2 Mal in der Woche durchgeführt werden. Die körperliche und auch psychische Belastbarkeit darf hierbei keinesfalls überschritten werden und es muss immer mit einem positiven Abschluss beendet werden. Schon das ruhige Hinstehen am Putzplatz kann für ein Jungtier als äußerst anstrengend empfunden werden und muss nach und nach gelernt werden. Denn Pferde lernen nicht nur in der Reithalle oder im Roundpen, sie lernen immer und überall. In den ersten 3 Lebensjahren verändert sich das Pferdegehirn enorm schnell, es werden neue neuronale Verbindungen geknüpft und die Denkfähigkeit des Pferdes erweitert sich.

Wie schnell ein Pferd lernt ist jedoch nicht genau bestimmbar, Pferde sind Individuen und ihr Lernvermögen ist genetisch vorbestimmt, ob dieses zur vollen Entfaltung kommt, hängt von dem jeweiligen Training ab. Was allgemein festzuhalten gilt:

Pferde lernen umso leichter, je mehr sie lernen.

Es ist wissenschaftlich belegt, dass sich durch die Auseinandersetzung mit einem Jungpferd, also Führen, Putzen etc., sich ihre Trainierbarkeit, ihr Denken und ihre Emotionalität erhöht. Die Lernbereitschaft, also die Motivation und der innere Zustand des Pferdes, sind abhängig von exogenen Faktoren (Futter = Belohnung) und endogenen Faktoren (Hormone in der Rosse / Hunger). Diese haben Einfluss auf die Mitarbeit des Pferdes und müssen immer bedacht werden. Das heißt einem Junghengst wird es schwerfallen konzentriert zu arbeiten, wenn eine rossige Stute sich mit in der Bahn bewegt. Deshalb ist seine Lernfähigkeit aber keineswegs geringer, lediglich die Motivation ist weniger groß und muss versucht werden durch Abwechslung im Training gewonnen zu werden. Denn nur wenn Motivation vorhanden ist, kann ein Lernerfolg gepaart mit tiergerechten Training gegeben werden.

Es kann also festgehalten werden, dass guter Lernerfolg, egal in welcher Reitweise, abhängig ist von:

  • Übungen, die dem Entwicklungs- und Trainingszustand des Pferdes   entsprechen
  • Zeitlich passender Einsatz der Belohnung
  • Die Steigerung der Motivation durch abwechslungsreiche Arbeit und Lob
  • die Beachtung der maximalen und individuellen Konzentrationsfähigkeit.

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