· 

Seid offen! - Warum Vorurteile im Reitsport abgeschafft gehören

Liebe Pferdemenschen, wir leben alle in einer Welt voll von kultureller Vielfalt. Wir essen gerne chinesisch oder italienisch, kaufen Obst aus fernen Ländern, fahren gerne in den Urlaub nach Australien und manche kaufen sogar Pferde vom anderen Kontinent. Es scheint als gäbe es keine Grenzen mehr auf dieser Welt und als wäre kulturelle Vielfalt das normalste auf der Welt. Durch neue Technologien, wie das Internet scheint es beispielsweise kinderleicht mit der Verwandschaft in Kanada zu kommunizieren und wir haben die Möglichkeit uns fast immer und überall auf den neusten Stand der Dinge innerhalb weniger Sekunden zu bringen. Die Globalisierung hat uns fest im Griff und bestimmt das postmoderne Leben der Menschen auf dieser Erde. Kulturen können sich gegenseitig akzeptieren und von einander lernen. Jedoch frage ich mich bei Zeiten, warum wir Menschen uns doch manchmal Grenzen aufbauen - Grenzen, welche in den Köpfen entstehen. Dies passiert leider nicht nur im politischen Sinne, durch Terror oder Krieg. Nein es beginnt im kleinen und ist für mich sehr erschreckend, denn das Ganze passiert im nahe gelegenen Reitstall. Nun fragen sie viele bestimmt: "Was für Grenzen sollen sich im Reitstall aufbauen?" Mit Grenzen im Kopf meine ich Vorurteile gegenüber anderen Reitweisen. Es gibt eine Vielzahl an Reitweisen und mindestens genauso viele Vorurteile gegen jede einzelne. Im Duden werden Vorurteile als die "ohne Prüfung der objektiven Tatsachen voreilig gefasste oder übernommene, meist von feindseligen Gefühlen gegen jemanden oder etwas geprägte Meinung" beschrieben. Und genau diese voreilig, ohne Prüfung der Tatsachen gefasste Meinung stört mich. Denn immer wieder höre ich Sätze in denen es heißt: "Die englisch gerittenen Pferde können alle nicht gescheit rückwärts gehen" oder "Die Westernreiter quälen alle ihre Pferde mit den Sporen" und "Islandpferde-Reiter haben sowieso keine Ahnung, das sind ja nur Ponyreiter, die sich kein größeres Pferd leisten können", um nur einen minimalen Ausschnitt an Beispielen zu gewähren.

Wenn ich so etwas höre, entsteht in mir nicht nur ein wütendes Gefühl, ich empfinde zudem Trauer, denn ich finde es sehr schade, dass wir in einer so kulturell vielfältigen Gesellschaft, zu solchen Aussagen fähig sind. Vorurteile schaden dem Reitsport, sie verhärten Fronten und führen zu Streitigkeiten. Ich bin selbst jahrelang - und ja sogar sehr gerne - Dressur geritten. Niemals würde ich auf die Idee kommen, zu pauschalisieren und zu sagen, dass alle Dressurreiter nicht reiten können, nur weil ich inzwischen sehr gerne western reite. Ich weiß genau wie schwierig es sein kann eine korrekte Dressuraufgabe zu reiten und genauso weiß ich, dass auch hinter jeder anderen Reitweise, sei es iberisch oder auch Distanzreiten, sehr viel Training steht. Natürlich gibt es überall schwarze Schafe und man sieht Dinge, welche nicht zu der Sorte "artgerechtes Training" gehören, jedoch kann nicht gesagt werden, das DIE EINE Reitweise die einzig wahre und richtige ist. Jeder soll für sich und sein Pferd selbst entscheiden können, wie und wohin der gemeinsame Weg führt, ohne dabei von anderen Reitern durch Vorurteile abgestempelt werden zu müssen. Ich gehe davon aus, dass jede Reitweise seine speziellen Vorzüge für die einzelnen Reiter hat und das ist auch gut so und soll so bleiben. Aber jede Reitweise sollte doch die absolute Harmonie zwischen Pferd und Reiter zum Ziel  haben. Und genauso wie bekannterweise viele Wege nach Rom führen, führen auch viele Wege im Reitsport zu diesem Ziel der Harmonie, sofern diese pferdegerecht geschehen.

Im Grunde haben wir doch alle die selbe Absicht: wir wollen eine schöne Zeit mit unseren Pferden verbringen, egal ob englisch, western, iberisch oder beim Wanderreiten. Wir können schon von einer kulturellen Vielfalt im Reitsport sprechen, welcher wir im Jahr 2015 gegenüberstehen und sollten dafür dankbar sein. Uns stehen so viele Wege offen, auf die wir uns mit unserem Pferd begeben und diesen auch individuelle gestalten können. Jede Reitweise und der Blick in diese, lehrt uns etwas Neues über Pferde. Wenn wir offen für Neues und vielleicht auch Unbekanntes sind erweitert sich unsere persönlicher Reiter-Horizont enorm. Wir können neues über uns und unsere Pferde erfahren, indem wir sie einmal aus einen anderen Perspektive betrachten. Pferde sind und bleiben Pferde, egal wie sie geritten werden; natürlich werden sie für bestimmte Zwecke gezüchtet, aber mein westerngerittenes Paint Horse steht genauso gerne mit dem freizeitgerittenen Geländepferd und den englisch gerittenen Springpferden auf der Koppel und macht da keinen Unterschied ;-) Und somit sind Pferde für mich in dieser Hinsicht wiedermal Vorbilder von denen wir Akzeptanz und Offenheit lernen und übernehmen sollten. Seid offen, reflektiert Euch selber, seht Reiten als einen lebenslangen Lernprozess und schafft bitte die Vorurteile in Euren Köpfen ab.

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0