Und wieder steht ein Ort vor der Entscheidung: Pferdesteuer ja oder nein? Die Pferdebesitzer der Gemeinde Hohenstadt auf der schwäbischen Alb (Baden Württemberg) müssen bangen und hoffen, dass die Pferdesteuer nicht eingeführt wird. Doch was genau ist die Pferdesteuer? Die Pferdesteuer ist eine sogenannte Aufwandsteuer, die der Pferdebesitzer für sein Pferd bezahlen muss. Je nach Gemeinde variiert der erhobene Steuersatz zwischen 100,00 und 750,00 Euro. Da das Halten von Pferden jedoch an sich schon ein recht teures Vergnügen ist, könnte diese absurde Steuer-Idee nicht nur vielen Pferdebesitzern das Hobby vermiesen, sondern weitreichende Folgen für das "Pferdeland Deutschland" haben.
Als Pro-Argument für die Einführung dieser Steuer wird behauptet, dass Pferdebesitzer generell finanziell besser gestellt sind oder auch dass Pferde Schäden (durch Kot) im Gelände verursachen würden. Es wird wohl davon ausgegangen, dass alle Pferdehalter noch zusätzlich einen Gold-Esel im Keller stehen haben, der dieses Hobby wie von alleine finanziert. Da aber bereits im Jahr 2004 für die Vermietung von Stallungen der ermäßigte landwirtschaftliche Mehrwertsteuersatz von 9 % abgeschafft und auf 19 % angehoben wurde und dadurch Boxenmieten erhöht wurden, mussten einige Pferdehalter noch tiefer in die Tasche greifen, um sich weiterhin ihr Pferd leisten zu können. Futtermittel, Einstreu, Zubehör, Unterricht - für all das zahlen Pferdebesitzer eine Menge Geld und somit auch viele Steuern. Kommt dann noch eine jährliche Besteuerung für das Pferd an sich, wird auch langsam der Platz knapp für meinen Gold-Esel, da ich mir mein Keller-Abteil nicht mehr leisten kann.
Spaß beiseite, die genannten und noch einige andere wirklich sinn-freie Pro-Argumente für diese Steuer sehe ich einfach nicht zu Ende gedacht. Reiten gilt schon seit langer Zeit nicht mehr als elitäres Hobby, denn dank des Konzept des Breitensports ist Reiten für viele Menschen eine zugängliche Sportart und wird größtenteils von Angehörigen mittlerer Einkommensklassen betrieben. Nur ca. 14% aller Pferde sind laut FN (Deutsche Reiterliche Vereinigung) als hochwertige Turnierpferde zu sehen, der Rest sind Freizeitpferde, welche einen ideellen Wert für deren Halter haben. Jeder der selbst ein Pferd besitzt weiß, dass dieses Hobby neben Spaß an der Freud auch bedeutet, dass auf andere Dinge (wie beispielsweise 2 mal jährlich in den Urlaub zu fahren) verzichtet werden muss. Ich kenne einige Menschen, die jeden Cent für ihren geliebten Vierbeiner sparen, damit dieses Tier ein schönes Leben hat und sie Zeit mit diesem verbringen können. Zudem kommt der gesundheitsfördernde Aspekt, welcher besonders auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen positive Einfluss nimmt. Was besonders dadurch bestätigt wird, dass Reiten als nur eine von sechs Sportarten die Anerkennung des DOSB (Deutsch Olympischen Sportbund) als Gesundheitssport hat. Warum sollte also etwas besteuert werden, das grundsätzlich zur Gesundheit eines Menschen beiträgt und somit den Zielen der öffentlichen Hand widerspricht?
Auch das Argument der "Verkotung" gilt zu bezweifeln. Denn selten werden Pferde ausschließlich auf befahrenen Straßen geritten und verlieren pausenlos "etwas". Die meisten Pferde werden in Reithallen/-plätzen bewegt, dort werden die Pferdeäpfel dann meist auf dem Mist entfernt und werden nicht extra auf die Straße geschmissen, um andere Mitbürger zu ärgern ;-) Denn die größte Verschmutzung auf dieser Erde verursacht noch immer die Spezies Mensch und kein mir bekanntes Tier.
Die sportliche Betätigung (ja, Reiten ist auch Sport) wird von Fachleuten dringendst empfohlen. Denn viele Tätigkeiten (Beruf/Schule) in unserer modernen Gesellschaft finden im sitzen statt, Bewegungsmangel führt zu den Krankheiten des 21. Jahrhunderts. Wer jedoch einmal einen Tag im Reitstall verbringt merkt, dass nicht nur das Reiten an sich körperlich anstrengt, sondern auch das Drumherum: Putzen, Füttern, Stallarbeit - all das ist mit Bewegung verbunden und hält jeden Pferdebesitzer auch am Boden auf Trab. Der Umgang mit dem Pferd hält aber nicht nur körperlich, sondern auch geistig fit. Kinder lernen Verantwortung für ein Lebewesen zu übernehmen, können soziale Kontakte knüpfen und lernen sich Ziele zu setzen - alles Eigenschaften, die wir uns von unseren Mitmenschen wünschen. Jugendliche haben dadurch die Möglichkeit ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten und sportliches Talent zu fördern.
Durch die Einführung der Steuer sind somit nicht nur die "wohlhabenden Reiter" betroffen, sondern vor allen Dingen der Nachwuchs, welcher sowieso schon viel zu viel Zeit am Computer verbringt und immer weniger Sport macht. Würde die Steuer eingeführt, müssten einige Reitställe dicht machen und es wären zudem auch andere Berufsgruppen davon betroffen: Tierärzte, Reitlehrer, Hufschmiede, Landmaschinen- und Futtermittellieferanten, Sportausrüster, Gastronomen... Die Pferdebetriebe, Vereine und Pferdezuchtverbände schaffen Arbeitsplätze, welche dadurch gefährdet wären. Laut FN sichern drei bis vier Pferde einen Arbeitsplatz, das bedeutet, dass bei mehr als einer Million Pferde in Deutschland über 300.000 Arbeitsplätze in Gefahr gebracht würden. Die „Industrie rund ums Pferd" hat ca. 5 bis 6 Mrd. Euro Jahresumsatz. Mehr als 10.000 Firmen, Handwerksbetriebe und Dienstleistungsunternehmen, vorwiegend aus dem Mittelstand, haben direkt oder indirekt das Pferd als hauptsächlichen "Geschäftsgegenstand". Und auch die Landwirtschaft ist vom Pferde-Dasein abhängig, da durch die Haltung von Pferden in Deutschland eine Million Hektar Fläche landwirtschaftlich genutzt wird und somit als wesentliche Einkommensquelle der Agrarwirtschaft gesehen werden kann.
Dass es also nicht nur um den reinen Spaßfaktor beim "Hobby Pferd" geht, sondern um eine Menge andere Faktoren, die diese wunderbare Freizeitgestaltung mit sich bringt, sollte nun jedem klar sein. Da Reiten und der Umgang mit dem Pferd charakterbildend wirkt, die Empathie-Entwicklung begünstigt und soziale Kompetenzen fördert, rate ich den Befürwortern der Pferdesteuer zu einem Urlaub auf dem Reiterhof und hoffe auf das Beste ;-)
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