Der Jahreswechsel steht kurz bevor, ich sitze hier an meinem Schreibtisch und lasse das Jahr bei einer heißen Tasse Milchkaffee Revue passieren. 2017 war für mich persönlich ein Jahr voll von Veränderungen, großen Ereignissen und Erlebnissen, die mich wieder ein Stück weiter in die für mich richtige Richtung brachten.
Was ich aus dem letzten Jahr mitnehme ist die Erkenntnis, dass Fortschritt nur dann geschehen kann, wenn man Veränderung in sein Leben lässt.
Und genau das lehren uns unsere Pferde jeden Tag. Pferde sind - wie viele von uns Menschen auch - Gewohnheitstiere, sie leben in geregelten Strukturen und lieben die tägliche Routine, welche auch wichtig ist für sie, damit sie sich sicher fühlen in ihrer Umwelt. Was Pferden jedoch fehlt, ist das logische Denken, das den (meisten ;-) ) Menschen gegeben ist. Trotzdem verhalten wir Menschen uns manchmal auch wie Pferde, passen uns der Herde an und lieben die Sicherheit. Manchmal jedoch brauchen wir Menschen Mut um Neues zu erschaffen und aus gewohnten Strukturen auszubrechen, um uns weiterentwickeln zu können. Auch Pferde kommen (meist durch den Mensch veranlasst) im Laufe ihres Lebens an Punkte der Veränderung: beispielsweise beim Stallwechsel von der Boxen- zur Offenstallhaltung, hier erlebt das Pferd auf einmal ein komplett anderes Umfeld, muss lernen sozial in der Gruppe zu interagieren und ist größtenteils frei in seinem täglichen Bewegungsabläufen. Oder beim Anreiten, da wird das Pferd mit komplett neuen Eindrücke konfrontiert und muss lernen damit umzugehen - und auch im weiterführenden Training kann sich ein Pferd nur steigern, wenn es ab und an neuen Reizen ausgesetzt ist.
Also nicht nur wir Menschen werden mit neuen Situationen (Jobwechsel, Umzug etc.) konfrontiert, sondern auch Pferde erleben dies. Leben heißt nun mal einfach Veränderung. Und genauso wie wir, reagieren Pferde ganz individuell auf diese. Fest steht jedoch: je mehr ungewohnte Situationen ein Lebewesen erlebt, umso souveräner kann es in Zukunft mit neuen Erlebnissen umgehen. Scheut ein Pferd im Gelände immer vor dem selben Busch, sollte man diesen Busch nicht einfach meiden und den "leichteren Weg" einschlagen, sondern im Gegenteil dem Pferd die Chance geben, mutig zu sein und sich der "Gefahr" in Ruhe zu stellen. Hat ein Pferd erst einmal diese Angst überwunden, wird es zukünftig viel sicherer an dieser Stelle vorbeigehen, bis auch dies irgendwann zur Routine wird, dann eröffnen sich dem Pferd auf diesem Weg vielleicht viel schönere Strecken und es kann den Ausritt genießen.
Entwicklungspsychologisch betrachtet ist das bei uns Menschen genau das Gleiche: Wenn wir uns unseren Ängsten nicht stellen und keine neuen Herausforderungen wagen, dann werden wir immer den selben Weg gehen und unsere Fähigkeiten nicht verbessern können. Persönliche Entwicklung kann nur dann entstehen, wenn wir unbekannte Wege einschlagen und gewohnte Handlungsmuster ablegen. Ich spreche da aus eigener Erfahrung, denn ich habe mich dieses Jahr das erste Mal mit meiner noch nicht turniererfahrenen Stute an einen Trail auf dem Turnier getraut und war davor natürlich sehr aufgeregt, da ich die Dispziplin vorher nie gestartet war. Der Start verlief entgegen aller (meiner) Befürchtungen prima, wir überlebten den Parcours ;-) und brachten sogar noch ein Schleifchen mit nach Hause. Für mich persönlich war das ein Moment, der mich mutig machte Neues zu wagen - ich war sehr stolz auf mein Pferd und mich, dass wir es gemeinsam meisterten.
Aber nicht nur auf das Reiten und die Pferdewelt ist dies anzuwenden, es geht im ganzen Leben darum sich etwas zu trauen und an Aufgaben zu wachsen. Ich bin jetzt seit über einem Jahr selbständig und auch diese Entscheidung erforderte großen Mut und war eine Herausforderung. Natürlich hätte ich den "leichteren Weg" einschlagen können, aber dieser hätte mich wohl nie komplett erfüllt und mich zu dem Menschen gemacht der ich heute bin. Gewohnheit macht faul und kann sowohl bei Menschen als auch bei Pferden zu Langweile führen.
Auf das Pferd bezogen bedeutet das nicht, dass es jede Woche einen Stallwechsel benötigt - das wäre definitiv kontraproduktiv und würde das Pferd eher Stress machen - aber ein abwechslungsreiches Training mit neuen Eindrücken und auch mal Aufgaben, die dem Pferd etwas Mut abverlangen (Plastikplane betreten, ins Wasser gehen...) machen Pferde selbstbewusster und stärken ihr Vertrauen in uns und in sich selbst.
Wir sollten daraus für uns mitnehmen, dass das was wir von unseren Pferden verlangen auch für uns gelten sollte: öfters etwas Anderes ausprobieren, offen für Neues sein und in uns und unsere Fähigkeiten vertrauen. Selbstvertrauen kann nur dann wachsen, wenn wir uns SELBST etwas TRAUEN!
In diesem Sinne wünsche ich Euch allen einen guten Rutsch ins neue Jahr, viel Gesundheit und Mut Neues zu wagen.
Eure Sarah
Photo: EQUI SHOT
Kommentar schreiben