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Stay warm - Pferde mit Rückenproblemen im Winter

Pferde mit nachweislichen Rückenproblemen, wie beispielsweise eng stehende Dornfortsätzen oder gar Kissing Spines reagieren in der kalten Jahreszeit mit Verspannungen und Unwillen zur Arbeit. Im Sommer und bei warmen Temperaturen kommen Pferde mit dem Befund meist noch ganz gut zurecht und zeigen wenig bis keine Auffälligkeiten. Im Winter hingegen zeigen sie oftmals schon beim Putzen ein Abwehrverhalten, laufen steifer oder sogar lahm. Immer wieder kommt es aufgrund von starken Verspannungen im Bereich der Lendenwirbelsäule sogar zu Koliken, da das Pferd enormen Stress empfindet und so der Verdauungstrakt (welcher an der Wirbelsäule befestigt ist) verrückt spielt.

 

Aber wie entstehen eigentlich rückenempfindliche Pferde?

Per se sind Pferde von Natur aus für extremste Witterungsverhältnisse geschaffen, das ist uns allen bekannt und auch macht Pferden die Kälte im Normalfall weniger zu schaffen als uns Menschen. Durch die Thermoregulation sind Pferde enorm anpassungsfähig an unterschiedlichste Temperaturen. Am wohlsten fühlen sich Pferde bei 5 bis 15 Grad Plus. Der Thermoregulationsmechanismus setzt erst unter -10 Grad ein, zuvor verzichtet der Körper auf zusätzliche Wärmeproduktion. Hierbei handelt sich um einen komplizierten, aber sehr effektiven Mechanismus, anatomisch, physiologisch und verhaltenstechnisch. Pferde legen deshalb im Herbst gerne mal etwas zu an Gewicht und werden etwas träger. Denn die Fetteinlagerung bringt Energie und ist dreimal so isolierend wie anderes Gewebe.

 

In der freien Natur aber bei winterlichen Temperaturen niemals 30 bis 60 Minuten in Trab und Galopp umher rennen (außer es wird von einem Tiger gejagt) und dabei bis zum optimalen Schweißbild schwierigste Manöver ausführen - Ironie aus. Denn das würde für das Pferd den sicheren Tod bedeuten: Nassgeschwitzt bei Eiseskälte in der Wildbahn... unvorstellbar.

 

Jedoch sind Pferde auch nicht dazu geboren einen Reiter zu tragen - nur mal so am Rande erwähnt - und dies ist auch alles andere als naturgegeben. Und da das nicht der Fall ist, sollten wir uns, wenn wir uns schon auf den Pferderücken schwingen müssen, darauf achten, dass das was wir dann reiten nennen auch noch gut für´s Pferd ist. Das heißt an erster Stelle steht einmal das passende Equipment, sprich Sattel und Trense sollten vom Fachmann angepasst sein. Und dann natürlich ein pferdegerechtes Training, gesundheitserhaltend und nicht verschleißend. Klingt doch ganz einfach. Wie sagte Paul Stecken einst:

 

"Richtig reiten reicht"

 

Und hier sind wir schon beim Thema angelangt, denn was richtig und was falsch ist darüber lässt sich ja bekanntlich streiten.... und das wird es auch. Ich glaube es gibt keinen anderen Sport in dem intern so viel und heiß diskutiert wird, besser gewusst wird und beleidigt wird als im Reitsport. Allein schon die verschiedenen Stile und dann auch noch verschiedene Disziplinen mit unterschiedlichen Philosophien und zu guter Letzt den unendlich scheinenden Meinungen. Selbst wenn man es geschafft hat, sich für eine Disziplin zu entscheiden, dann gibt es in dieser einen Disziplin gefühlte 1000 Erfolgsrezepte und ja irgendwie führen ja auch alle Wege nach Rom und irgendwie kann man auch immer Reiten, aber ob es für das Pferd dann noch artgerecht ist, das ist dann wieder ein ganz anderes Kapitel für sich.

Also per se können wir sagen, dass viele Rücken- und auch andere Probleme beim Pferd vom Mensch verursacht werden. Und wenn wir schon eingreifen, in das Leben und die Entwicklung einer Spezies, dann sollten wir auch Gutes tun für Pferde, die unter Rückenempfindlichkeit leiden.

 

Doch wie und was kann man tun?

- Grundvoraussetzungen sind wie mal wieder die angepassten Haltungsbedingungen, genügend Bewegung in Kombination mit einer leistungs- und haltungsangepasste Futterversorgung.

 

-Einmal Decke immer Decke: Denn hat man sich für´s Eindecken entschieden, so muss dies auch konsequent verfolgt werden, da die Thermoregulation des Pferdes nicht trainiert wird, wenn wir mit eindecken beginnen und das Pferd friert, wenn die Decke abgenommen wird.

 

- Schweiß vermeiden: Schwitzt das Pferd, sei es im Winterfell bei der Arbeit sollte dieses nach getaner Arbeit unbedingt abschwitzen lassen, denn durch die Feuchtigkeit direkt an der Haut kühlt das Tier schneller aus und kann unter Umständen frieren und sich erkälten. Darum sollte man immer ausreichend Zeit zum Trockenreiten und Abschwitzdecken-Wechsel einplanen.

 

- Den Winter für gezieltes Training der Rückenmuskulatur nutzen (Longenarbeit, viel Vorwärts-Abwärts, Stangenarbeit etc.) denn nur ein gut trainierter Rücken bleibt schmerzfrei beim Reiten.

 

- Vor dem Training eine Wärmedecke auflegen oder das Pferd ins Solarium stellen bringt auch schon oftmals Abhilfe bei sehr empfindlichen Pferden.

 

Und wie bei uns Menschen gibt es eben auch mehr oder weniger sensible Kandidaten, denn wie wir sind Pferde Individuen mit unterschiedlichen Lebensumständen. Gesunde Pferde mit einer guten Thermoregulation benötigen in den wenigsten Fällen eine Winterdecke, bei Pferden mit Rückenproblemen empfiehlt es sich in der kalten Jahreszeit auf eine Decke zurückzugreifen, um es dem angenehmer zu machen. Pauschale Aussagen über das Thema Eindecken gibt es meiner Meinung nach nicht und sollte immer fallbezogen betrachtet werden.

In diesem Sinne "Stay warm!" und einen guten Start in die Winterzeit!

 

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