In meinem Studium der Bildungswissenschaft habe ich mich intensiv mit dem Thema des lebenslangen Lernens auseinandergesetzt. Diese relativ neue Theorie als Ansatz der heutigen Bildungs-Gesellschaft finde ich im Allgemeinen sehr interessant und auch sinnvoll. Reiten als Sport aber auch der Umgang mit dem Pferd empfinde ich auch als einen lebenslangen, nie endenden Prozess. Wer beim Reiten behauptet, er könne und wisse schon alles, der hat das Reiten nie wirklich erlernt. Reiten lehrt uns viel über uns selbst und auch über unsere Einstellung zum Leben.
Egal welcher Reitweise wir uns zugeschrieben haben, reiten zu lernen heißt auch immer ein bisschen sich selbst zu lernen und zu erfahren. Durch jede Trainingseinheit lerne ich etwas. Das kann vom Leichttraben über das korrekte Reiten des fliegenden Galoppwechsels bis hin zur Verfeinerung bestimmter Lektionen sein. Aber man kann auch lernen selbstbeherrscht zu handeln, man muss lernen Emotionen unter Kontrolle zu halten und man lernt oftmals auch seine körperlichen Grenzen kennen. Jedoch jede Art des Lernens und der damit verbundenen Erkenntnisse bringt uns voran. Wir als Menschen besitzen die Fähigkeit über Vergangenes nachzudenken, um Zukünftiges zu verbessern. Pferde hingegen leben im Hier und Jetzt. Kann ich als Mensch bestimmte Situationen reflektieren und daraufhin Probleme erkennen, habe ich die Chance in einer neuen Situation angepasster zu handeln.
Wer zu einer solchen Einstellung seinem Pferd gegenüber gelangt, wird bewusster handeln und hat gelernt, dass auch Pferde nur dann lernen, wenn ihnen die Chance gegeben wird Entscheidungen zu treffen. So wie wir Menschen, handeln Pferde gerne zu ihrem Vorteil, durch diese Motivation, welche den Motor des selbständigen Lernens darstellt, können Pferde auf schnelle Art viel lernen. Genauso sehe ich Menschen die Reiten und sich in diesem Sport ständig weiterbilden. Weiterbildung muss nicht unbedingt ein Besuch eines Kurses oder sonstigem sein, es kann auch einfach die Motivation bedeuten offen für Neues zu sein und die persönliche Einstellung für das Training des Pferdes. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten mit Pferden zu arbeiten, es gibt keine Zauberformel für alle Pferde. Denn wie wir Menschen sind auch Pferde individuell und nicht programmierbar. Auch sie lernen unterschiedlich schnell und auf verschiedene Art und Weisen – und das auch ihr ganzes Leben lang. Prägend sind zwar die ersten Lebensjahre eines Pferdes, jedoch können Pferde auch im höheren Alter durchaus lernen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass selbst das schwierigste Pferd, das uns teilweise an die Grenzen unserer Fähigkeiten bringt, ein guter Lehrer sein kann. So ein Pferd kann uns in Situationen bringen, welche uns im ersten Moment ratlos machen und wir spätestens ab da beginnen müssen nach neuen Wegen zu suchen. Wir beginnen zu reflektieren und erkennen vielleicht die Fehler in unserem Handeln – wir LERNEN und suchen nach Lösungen. Dieser Ansatz des selbständigen, aktiven Lernverhaltens eröffnet uns neue Chancen und Wege zu unserem Pferd.
Lebenslanges Lernen und der Reitsport sind somit untrennbar miteinander verbunden. Wer reitet, lernt und wer lernt, wird besser. Es ist nicht allein das Ziel das uns besser macht, sondern der Weg, den wir bestreiten auf dem Weg zu diesem.
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